Schnupfen an der Leine (Seite 17)
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Schnupfen an der Leine (Seite 17)
Das Forschungsmagazin der Johannes Kepler Universität Linz Im Zeitalter der Quantität: Forschung, quo vadis? Ausgabe 1/09 Editorial Geschätzte Leserinnen, geschätzte Leser! Inhalt UNIVATIONEN 1/09 Zeitalter der Quantität o.Univ.Prof. Dr. Richard Hagelauer Rektor 3 Quo vadis Forschung Die besten Forschungsköpfe mit attraktivem Gesamtangebot gewinnen4 N Forschung als Teil der Identität eben der Lehre ist die Forschung die wichtigste Aufgabe einer Universität. Dabei spielt vor allem die Freiheit der Forschung, die Möglichkeit des unabhängigen Experimentierens eine zentrale Rolle. Forschung soll innovativ und zukunftsgerichtet sein. Trends rechtzeitig erkennen, Ideen in neuen Bereichen vorantreiben und zum Wohle der Gesellschaft weiterentwickeln – das ist Forschung am Puls der Zeit wie sie an der JKU Linz passiert. Universitäre Forschung soll Lösungsansätze für Problembereiche aufzeigen und aktiv mitgestalten. Ebenso wichtig ist es aber, in einem nächsten Schritt die Ergebnisse der Grundlagenforschung so für den „Markt“ aufzubereiten, dass sie einer breiten Öffentlichkeit zu Gute kommen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Nur so können wir konkurrenzfähig bleiben und einen Vorsprung gegenüber unseren MitbewerberInnen herausarbeiten. Der wichtigen Aufgabe der Finanzierung muss neben der Industrie vor allem der Staat nachkommen. Eine sukzessive Erhöhung der österreichischen F&E-Quote ist dafür oberste Voraussetzung. 6 Modellierung partikulärer Strömungen9 START-Preis für Mathematiker 11 SOWI Gesellschaftsanalysen und „Wahrheit“ 13 Weiterbildung – wozu? 15 RE Steuerbetrug minimieren 16 TNF Schnupfen an der Leine 17 Erfolg mit „Functionalised Organic Films“ 18 Mayonnaise erster Güte 19 Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß beim Lesen der aktuellen Ausgabe der UniVationen! „In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, in Forschung und Entwicklung zu investieren.“ Ihr Richard Hagelauer Rektor Titelbild: Das Virtual Reality Center an der JKU ist das größte in Österreich. JKU | UNIVATIONEN 1/09 Impressum UNIVATIONEN – Das Forschungsmagazin der Johannes Kepler Universität Linz erscheint vierteljährlich in einer Auflage von 2.000 Stück. Herausgeber: Rektor o.Univ.Prof. Dr. Richard Hagelauer Medieninhaberin (Verlegerin): JKU Linz, Altenberger Straße 69, 4040 Linz, 0732 24 68-9989 Redaktion: Mag. Isabella Staska-Finger Gestaltung: COMO GmbH, www.como.at Druck: Druckerei BTS, Fotos: JKU LEITARTIKEL Leitartikel von Univ.Prof. Dr. Gabriele Kotsis, Vizerektorin für Foschung „Zeitalter der Quantität“ Österreichs Universitäten haben mit dem Universitätsgesetz 2002 die Möglichkeit und die Verpflichtung bekommen, sich in ihrer Autonomie in Forschung und Lehre zu positionieren und zu profilieren. Doch worin besteht die Profilierung einer Universität? Was kennzeichnet exzellente Forschungsleistung? Wie kann die Qualität von universitärer Forschung bewertet und verglichen werden? kooperatives Klima, das dazu anregt, Neues zu schaffen, und dafür sorgt, dass kein bürokratischer Verwaltungsapparat die wissenschaftliche Neugierde und die Begeisterung an Lehre und Forschung erdrückt. Wissenschaftliche Exzellenz durch die Leistung der einzelnen ForscherInnen I n der Öffentlichkeit werden gerne Universitätsrankings zur Messung der Qualität zitiert, in denen allerdings meist gesamte Universitäten ungeachtet ihrer fachlichen Ausrichtung und spezifischen Zielsetzungen an Hand einiger weniger Kriterien verglichen werden. Eine detaillierte Betrachtung der Forschungsleistung muss aber unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen und sich dem im Zitat postulierten Wandel von Qualität hin zu Quantität entgegenstellen. Die JKU steht also gleichzeitig mit dem Auftrag zur Profilbildung vor der Aufgabe der Förderung und Sichtbarmachung von Exzellenz und Qualität in der Forschung. Ein umfassendes Qualitätsmanagement in der Forschung wird an der JKU derzeit aufgebaut, die zwei wichtigsten Leitsätze dazu seien hier kurz skizziert. „… Wissen schaffen ! …“ Wissenschaftliche Exzellenz beginnt bei der Leistung der einzel- nen ForscherInnen, die aus eigenem Antrieb den Stand der Forschung aktiv und hoch ambitioniert vorantreiben. Eine ausgewogene Bewertung aller Leistungen der MitarbeiterInnen (z.B. betreffend Lehre, Leistungen in Verwaltung und Kommissionstätigkeit, Leis- „Das Zeitalter der Qualität ist vorbei. Jetzt haben wir das Zeitalter der Quantität.“ Heinz Reincke tungen des nichtwissenschaftlichen Personals) soll die Motivation zur Zielerreichung steigern und auch bei Karrieresprüngen angewendet werden. Die JKU positioniert sich als Nährboden zur Förd e r u n g i n n o v a t i v e r, k re a t i v e r Ideen. Gefragt ist ein dynamisches, Die Leistung der einzelnen bündeln die Institute bezüglich strategischer Planung, Organisation, Durchführung und Umsetzung, Personalentwicklung und -führung, Mitteleinsatz, Gebarung und Verantwortung. Die Institute treffen Zielvereinbarungen sowohl gegenüber dem Rektorat als auch den eigenen MitarbeiterInnen. Als eigenverantwortliche, fachlich abgegrenzte, operative Zentren des Wissenschaftsbetriebs unterliegen sie einer Qualitäts- und Leistungssicherung gegenüber der „Scientific Community“ einerseits, im Rahmen der Zielvereinbarung auch gegenüber dem Rektorat andererseits. Wissens- und Leistungsbilanz werden qualitativ von den Instituten bzw. deren fachlichen Forschungs- und Lehrverbünden, den Aufbau- und Exzellenzschwerpunkten, getragen. Durch den Ausbau der Qualitätssicherung im Bereich Forschung soll den Instituten ein Instrument zur Beurteilung des Grads der Zielerreichung, zur Effektivitätsprüfung gesetzter Maßnahmen und zur Unterstützung im Bereich der Forschungsförderung gegeben werden. „… Exzellenz zeigen ! …“ D i e D o k u m e n t a t i o n d e r F o rschungsleistung der Universität muss ein aktuelles universitätsweites Informationssystem reali- sieren, in dem Leistungen der Institute eingegeben, gesucht und gefunden werden können. Die JKU genießt im regionalen Umfeld hohe Anerkennung, muss sich aber zunehmend der Konkurrenz anderer Bildungseinrichtungen stellen. Nur wenn die Universität Linz aktiv ihre Stärken im nationalen und internationalen Umfeld aufzeigt, exzellente Leistungen sichtbar macht, die Bedeutung des Ausbildungs- und Wissenschaftsstandorts Oberösterreich gemeinsam mit den anderen „Playern“ im tertiären Bildungssektor im öffentlichen Bewusstsein verankert, kann langfristig der Erfolg der JKU gesichert werden. Kontakt Univ.Prof. Dr. Gabriele Kotsis Tel.: 0732 2468-3391 Mail: [email protected] www.jku.at/rektorat JKU | UNIVATIONEN 1/09 INTERVIEW Bundesminister Dr. Johannes Hahn Die besten Forschungsköpfe mit attraktivem Gesamtan „Forschung – quo vadis?“ – Diese Frage haben wir als Klammer über ein Interview mit Wissenschaftsminister Dr. Johannes Hahn gestellt. Wie sieht der Minister die Perspektiven der österreichischen NachwuchsforscherInnen, die internationale Positionierung der österreichischen Universitäten insgesamt und den Karriereknick bei weiblichen Wissenschaftern? UniVationen: „ Herr Minister Hahn, wenn man nach den diversen Rankings geht, läuft die Forschung an Österreichs Universitäten derzeit unter ‚ferner liefen’. Wie schätzen Sie persönlich die internationale Positionierung der österreichischen Universitäten ein und welche Möglichkeiten sehen Sie, auch kleineren Universitäten international zu noch mehr Renommee zu verhelfen?“ BM Dr. Hahn: „Österreichs Universitäten haben in einigen Disziplinen hervorragende Leistungen vorzuweisen und erreichen zu Recht mitunter Plätze in der Weltspitze. Die Stärken in diesen Disziplinen gehören daher weiter ausgebaut. Ein Land in der Größe von Österreich ist dabei gut beraten, sowohl auf eine Zusammenarbeit innerhalb seiner Grenzen als auch europabzw. weltweit zu setzen. Das gilt für Lehre und Forschung in glei- JKU | UNIVATIONEN 1/09 chem Maß. Die Zahl der Kooperationen mit Hochschulen in der ganzen Welt entwickelt sich äußerst positiv. Österreich ist ein geschätztes Incoming-Land für ausländische WissenschafterInnen, unsere ForscherInnen wiederum sind gefragte Gäste im Ausland. Daneben eröffnet auch die Zusammenarbeit mit Unternehmen den Universitäten Möglichkeiten, ihre fachliche sowie ressourcenmäßige Position zu stärken und ihr Renommee auszubauen. Den Rektoraten kommt hier die wichtige Aufgabe zu, die richtige Mischung aus Breite und Spitze zu finden.“ UniVationen: „Junge WissenschafterInnen an der JKU sehen für ihre Karriere meist zwei gravierende Probleme: Wissenschaftliche Karrieren sind schwer planbar und die Perspektiven an österreichischen Universitäten nicht wirklich rosig. Und: gerade Frauen im Wissenschaftsbetrieb haben das Problem, dass sie auf Grund der mangelhaften Kinderbetreuungssituation mit längeren Auszeiten rechnen müssen, sobald sie ein Kind bekommen, womit sie wissenschaftlich aus dem Rennen sind. Zur Person BM Dr. Johannes Hahn Hahn wurde 1957 in Wien geboren. Er studierte Philosophie und promovierte 1987. 1980 begann Hahn seine politische Laufbahn als Obmann der Jungen ÖVP. Seit Jänner 2007 ist Hahn Bundesminister für Wissenschaft und Forschung. Sein Credo: „Wissen ist Macht, besser wissen ist Ohnmacht.“ Welche Möglichkeiten sehen Sie, hier Abhilfe zu schaffen?“ Hahn: „Junge WissenschafterInnen finden in Österreich einen stabilen Rahmen für ihren Karriereweg vor. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen hat sich die Bundesregierung auch in den kommenden Jahren klar zu den Schwerpunkten Wissenschaft und Forschung bekannt. Das heißt, die für individuelle Karrierepläne wichtigen Projekte wie ein neuer Kollektivvertrag oder der laufende Ausbau von Post-Doc Stellen, gehören weiter zur Agenda des Wissenschaftsministeriums. Gleichzeitig ist die wissenschaftliche Arbeitswelt wettbewerbsorientierter und internationaler geworden. Eine moderne ForscherInnen-Karriere ohne fundierte Erfahrungen im Ausland ist heute nicht mehr vorstellbar. Der wettbewerbsorientierte, internationale Arbeitsmarkt stellt Öster- INTERVIEW gebot gewinnen reichs Universitäten vor neue Herausforderungen, denen im Rahmen der Autonomie begegnet werden muss und kann. Neben dem reinen Gehalt spielen viele weitere Gesichtspunkte eine Rolle, an Hand derer WissenschafterInnen ihren Arbeitsort wählen: Hilfe bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Arbeitsplatz für den Partner oder die Partnerin, Kinderbetreuungsangebote etc. Nicht alles davon kann von jeder Universität selbst geleistet oder zur Verfügung gestellt werden. Da auch der Staat nicht für alles zusätzliche Mittel bereitstellen kann, gilt es Schwerpunkte zu setzen. Während der monetäre Aspekt ein Thema der Gespräche zu den Leistungsvereinbarungen ist, kann das Serviceangebot für Incoming-WissenschafterInnen auch anders optimiert werden. Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für WissenschafterInnen allgemein: Die Herausforderungen einer Babypause berücksichtigend speziellen Bewerbungsseminaren des FWF Unterstützung anbieten.“ UniVationen: „Gerade im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich würden wir an der JKU mehr NachwuchsforscherInnen brauchen, die aber oft direkt nach Studienabschluss an – besser zahlende – Unternehmen abwandern. Wie kann aus Ihrer Sicht die Universität den Konkurrenzkampf um die besten Köpfe mit Wirtschaft und Industrie für sich entscheiden?“ Auch die Möglichkeiten für internationale Zusammenarbeit und persönliche Erfahrungen im Ausland sind an Hochschulen gewöhnlich zahlreicher. Daneben ist jede Universität aber gefordert, ihren ForscherInnen eine Perspektive und Aussicht auf wissenschaftliche Reputation zu bieten. Auch hier kön- nen und müssen im Rahmen der Autonomie Schwerpunkte gesetzt werden. Der im Regierungsprogramm vereinbarte ‚Österreichische Hochschulplan’ ist ein unterstützender Schritt in diese Richtung.“ UniVationen: „Herr Minister, vielen Dank für das Gespräch!“ Hahn: „Zunächst möchte ich eines richtig stellen: nicht jede Kraft, die in einem Unternehmen arbeitet ist für die Forschung verloren. Das würde den großen Teil der angewandten Forschung ebenso ausblenden wie die zahlreichen Schnittstellen zwischen Industrie und Universität, die durch eigene Förderprogramme unterstützt werden. „Die wissenschaftliche Arbeitswelt ist wettbewerbsorientierter und internationaler geworden.“ BM Dr. Johannes Hahn wurden bei allen Förderprogrammen Sonderregelungen für Kinderbetreuungszeiten eingeführt bzw. die Altersgrenze komplett gestrichen. Gleichzeitig unterstreiche ich meinen Appell an alle Wissenschafterinnen, die zahlreichen Ausschreibungen wahrzunehmen. Noch immer sind wir damit konfrontiert, dass sich talentierte Frauen weit seltener bewerben als ihre männlichen Kollegen. Das Programm ‚Wissenschaft von Innen’ des Wissenschaftsministeriums möchte hier Mut machen und gemeinsam mit Aufgabe der Universitäten im Wettbewerb um die besten Köpfe ist ein attraktives Gesamtangebot, das nicht am Gehaltszettel endet. Die von der Lehre begleitete Grundlagenforschung an den Universitäten ist der oft unterschätzte Nährboden für viele folgende Generationen von WissenschafterInnen. Die Freiheit der Forschung ist an den Universitäten bedeutend größer als in der Wirtschaft, denn es müssen nicht umgehend kommerziell verwertbare Ergebnisse auf den Tisch gelegt werden. JKU | UNIVATIONEN 1/09 SCHWERPUNKTTHEMA Profilierung in Grundlagen- und Anwendungsforschung Forschung als Teil der Identität Als größte Forschungsstätte Oberösterreichs positioniert sich die Johannes Kepler Universität als Think-Tank des Landes mit exzellenten und kreativen ForscherInnen. Die Forschungsleistungen „made by JKU“ werden in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Sektor Österreich weit sehr geschätzt. Die JKU verbindet Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung, ihre WissenschafterInnen nutzen erfolgreich Förderprogramme. S tellvertretend für exzellente Drittmittelinstitute seien das Forschungsinstitut für Symbolisches Rechnen (RISC) in Hagenberg, das Forschungsinstitut für Angewandte Wissensverarbeitung (FAW) und das Johann Radon Institute for Computational and Applied Mathematics (RICAM) genannt. Kompetenzzentren Ebenfalls sehr erfolgreich ist die JKU mit ihren Kompetenzzentren: das Austrian Competence Center in Mechatronics (ACCM) lief 2008 als K2-Zentrum an, von denen es bisher nur drei in ganz Österreich gibt. Das Software Competence Center Hagenberg (SCCH), das Compentence Center for Wood Composites and Wood Chemistry (Wood K-plus) und das Industrielle Kompetenznetzwerk für metallurgische und umwelttechnische Verfahrensentwicklung wurden als K1-Zentren verlängert. In all diesen Zentren arbeiten Universitätsinstitute in enger Kooperation mit Unternehmen der Industrie und mit herausragenden kleineren und mittleren Unternehmen an der Lösung technischer Probleme. Die Forschungsaktivitäten an der JKU sind der strategischen Planung unterworfen. Christian Doppler Labors Neben Kompetenzzentren bieten Christian Doppler Laboratorien eine hervorragende Chance zur wissenschaftlichen Profilierung vor allem für junge Forschungsteams unter der Leitung eines/einer DozentIn im Bereich der anwendungsorientierten Grundlagenforschung in Zusammenarbeit mit In- JKU | UNIVATIONEN 1/09 dustrieunternehmen. Beispielhaft sei hier das 2008 bewilligte Labor „Particular Flow Modelling“ erwähnt (siehe Interview Seite 9), mit dessen in Betriebnahme Anfang 2009 nun aktuell 6 CD-Labors an der JKU eingerichtet sind. Relativ neu in der Österreichischen Förderlandschaft sind die Research Studios Austria, die sich als Innovationspipeline von Universitäten hin zum Markt positionieren und damit dazu beitragen, dass das an der Universität in der Grundlagenforschung gewonnene Wissen in ökonomisch verwertbare Ergebnisse umgesetzt werden kann. An der JKU ist zurzeit ein solches Re- search Studio im Bereich Pervasive Computing angesiedelt. Strategische Planung Das Projektportfolio einer Universität insgesamt ist aber mehr als die Summe der Projekte der einzelnen Institute. Es ist Teil der Identität, begründet die internationale SCHWERPUNKTTHEMA wissenschaftliche Reputation und ist ein nach außen hin sichtbarer Kompetenznachweis. Auch wenn Forschung im Einzelnen nicht verordenbar ist und für Universitäten nach wie vor das Prinzip der Freiheit in Lehre und Forschung gelten muss, so sind die Forschungsaktivitäten in ihrer Gesamtheit dennoch dem Prinzip der strategischen Planung unterworfen, das ja seit dem Universitätsgesetz 2002 mit der Verpflichtung zur Erstellung eines Entwicklungsplans sogar gesetzlich verordnet ist. Entwicklungsperspektiven Um auch in Zukunft ein wichtiger Motor für die Sicherung des Wirt- schaftsstandorts Oberösterreich durch Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung zu sein, wird die JKU daher aus ihren Kernkompetenzen heraus neue, innovative Forschungsrichtungen gezielt verfolgen. Ein entsprechender Diskussionsprozess wurde im letzten Jahr eingeleitet, um die Entwicklungsperspektiven innerhalb der einzelnen Fakultäten, fakultätsübergreifend und interdisziplinär für das nächste Jahrzehnt aufzuzeigen. In diese Diskussion fließt sowohl die Expertise der ForscherInnen der JKU ein, als auch die gesellschaftlich relevanten Problemstellungen und beobachtbaren Trends wie z.B. der demographische Wandel oder die Verknappung von natürlichen Ressourcen. Kritisch reflektiert und begleitet wird dieser Prozess auch von der oberösterreichischen Wirtschaft, weiters sind ab 2010 externe Evaluierungen (sogenannte peer-reviews) systematisch geplant. All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass der Entwicklungsplan der JKU nicht nur ein aus Pflichterfüllung zu erstellendes Dokument ist, sondern von allen Universitätsangehörigen und externen PartnerInnen als sichtbares Zeichen der angestrebten und hoffentlich auch erreichten Exzellenz und Profilbildung gesehen wird. gk PEUS – 5.000 Justizakten rückwärts aufgerollt Seit 1. Jänner 2008 ist die neue Strafprozessordnung in Kraft, die gegenüber der alten gravierende Änderungen beim Ermittlungsverfahren gebracht hat. Wie weit diese Änderungen in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, wird nun in einem Kooperationsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz ermittelt. Federführend dabei: das Institut für Strafrechtswissenschaften der JKU. D urch die neue Strafprozessordnung wurden das Opfer gestärkt, die Befugnisse der Kriminalpolizei genauer geregelt, die Verfahrensleitung den Staatsanwaltschaften übertragen und die RichterInnen auf ihre Rolle als kontrollierende Instanz beschränkt. In den nächsten eineinhalb Jahren werden die Kooperationspartner – JKU, Institut für Strafrecht der Universität Graz und Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien – 5.000 Ermittlungsakten aufrollen und genau erheben, wie die Verfahren abgelaufen sind: zentrale Fragen sind etwa, wer die Ermittlungen tatsächlich geführt hat (Staatsanwaltschaft oder Polizei), welche Ermittlungshandlungen gesetzt wurden und wie die Fälle jeweils abgeschlossen wurden. An sieben Gerichtsstandorten in ganz Österreich wird die Untersuchung stattfinden. „Wir arbeiten hier mit Rechtspraktikantinnen und –praktikanten zusammen, die dafür auch inhaltlich in das Projekt einbezogen werden. So profitieren „Von diesem Projekt profitieren auch die Justizbehörden vor Ort.“ a.Univ.Prof. Dr. Alois Birklbauer vom Projekt auch die Justizbehörden vor Ort, denn der Aufwand ist doch immens“, sagt a.Univ.Prof. Dr. Alois Birklbauer, der das Projekt am Institut für Strafrechtswissenschaften der JKU leitet. Reform-Nachbesserungen Falls die Evaluierung zum Ergebnis gelangt, dass die neuen Regelungen noch nicht ausreichend umgesetzt sind, werden Nachbesserungen der Reform die logische Konsequenz sein. Da der Auftraggeber – das Bundesministerium für Justiz – allerdings der Polizei keine Weisungen erteilen kann, da diese dem Innenministerium untersteht, werden die Nachbesserungen kaum im Weisungswege, sondern letztlich nur durch eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden können. Die Projektergebnisse werden dann die wesentliche Entscheidungsgrundlage für diesen politischen Prozess sein. PEUS steht übrigens für „Projekt zur wissenschaftlichen Evaluation der Umsetzung des Strafprozessreformgesetzes“. SHARE – 35.000 EuropäerInnen im Vergleich Mehr als 35.000 Personen aus 17 europäischen Ländern und Israel werden für das Projekt SHARE zum Themenbereich Gesundheit, Wirtschaft, soziale und familiäre Beziehungen befragt. Koordinator in Österreich ist JKU-Volkswirt Univ.Prof. Dr. Rudolf WinterEbmer. K ünftig sollen in jedem EU-Mitgliedsstaat alle zwei Jahre mehr als 6.000 Personen befragt und medizinisch untersucht und ihr gesundheitliches und finanzielles Wohlergehen dokumentiert werden. Damit wird es möglich, die Sozialsysteme der Länder zu vergleichen, und zu untersuchen, wie sie sich auf das Wohlergehen der BürgerInnen auswirken. Auf dieser Grundlage können Strategien gegen die Probleme entwickelt werden, die aus der Überalterung der Gesellschaft resultieren und vor allem das Pensions- und Gesundheitssystem betreffen. Die letzten Umfrageergebnisse ergaben interessante Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Gesundheit, Sozialsystem und Erwerbstätigkeit. Während schlechte Gesundheit Frühpensionierungen klar fördert, verzögert ein gutes Arbeitsumfeld den Pensionseintritt deutlich; schlechte Arbeitsbedingungen bewirken darüber hinaus bei den Betroffenen häufiger Depressionen und Gesundheitsprobleme. Derzeit läuft für SHARE – Survey on Health, Ageing and Retirement in Europe – die dritte Umfragewelle, die sich hauptsächlich mit dem Lebenslauf der Befragten beschäftigt. Die Studie betritt für Europa methodisches Neuland, weil sie interdisziplinär viele Wissenschaftsdisziplinen umfasst. www.econ.jku.at/share JKU | UNIVATIONEN 1/09 SCHWERPUNKTTHEMA Neues CD-Labor Modellierung partikulärer Strömungen Zur Person Dieser Tage wird das neue Christian-Doppler-Labor für die Modellierung partikulärer Strömungen an der JKU eröffnet. Der Mechatroniker Dr. Stefan Pirker vom Institut für Strömungslehre und Wärmeübertragung der JKU wird das CD-Labor leiten und gibt im Interview einen kurzen Ausblick. Dr. Stefan Pirker UniVationen: „Herr Dr. Pirker, worum geht es bei dem neuen CD-Labor inhaltlich?“ ausgegangen und wer sind die Partner?“ UniVationen: „Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für das Labor?“ Pirker: „Ich habe in den letzten Dr. Pirker: „Wir simulieren am Computer, wie sich Partikel in Gas oder Flüssigkeiten unter bestimmten Rahmenbedingungen ‚verhalten’ und überprüfen die Simulationen im Experiment. Ein inhaltlicher Schwerpunkt liegt dabei auf einer energieeffizienten Abgasreinigung. Zweitens wird das Chargieren von Feststoffen untersucht, wobei hier ein Spagat zwischen der Genauigkeit und der Machbarkeit einer Simulation gemacht werden muss. Im dritten Schwerpunkt beschäftigen wir uns mit der industriellen Staub-Rückführung.“ UniVationen: „Von wem ist die Initiative für dieses CD-Labor Die 6 CD-Labors an der JKU: Jahren viele Industriekooperationen geleitet, und die Idee, für dieses Gebiet ein CD-Labor zu beantragen, ist von Industriepartnern gekommen. Im CD-Labor kooperieren wir mit Siemens VAI Metals Technologies, voestalpine Stahl und voestalpine Donawitz.“ Pirker: „Ich habe derzeit sehr gu- UniVationen: „War es schwierig, den Antrag bewilligt zu bekommen?“ Auch wäre es spannend, das Thema etwa über den klassischen metallurgisch/industriellen Bereich auszuweiten. Beispielsweise ist ja auch Blut eine Flüssigkeit, die Partikel in Form der roten Blutkörperchen mittransportiert. Ich möchte das CDLabor jedenfalls als offenen akademischen Partner für interessierte Unternehmen sehen.“ Pirker: „Ich bin ein eher untypischer Antragsteller, da ich nicht allzu viele wissenschaftliche Publikationen vorweisen konnte. Aber schlussendlich habe ich das Gremium beim Hearing überzeugen können.“ Institut für Strömungslehre und Wärmeübertragung te Mitarbeiter, die aber nicht die ganze Laufzeit des Labors – sieben Jahre - bleiben werden. Für mich wird es also wichtig sein, hier gute Nachwuchsforscher aus den Bereichen der Physik, Mathematik oder Mechatronik zu begeistern. Surface Optics Automated Software Engineering Laser-Assisted Diagnostics Integrated Radar Systems Nanoskopische Methoden in der Biophysik Modellierung partikulärer Strömungen Kontakt Dr. Stefan Pirker Tel.: 0732 2468-9778 Mail: [email protected] www.fluid.jku.at Modellierung einer Partikelsträhne (a) Experiment, (b) Discrete Element Simulation, Discrete Phase Simulation (c) ohne und (d) mit Berücksichtigung inter-partikulärer Kollisionen, (e) Modellsynthese; das graue Rechteck beschreibt das experimentelle Beobachtungsfenster. „Das CD-Labor soll ein offener akademischer Partner für interessierte Unternehmen sein.“ Dr. Stefan Pirker JKU | UNIVATIONEN 1/09 NACHWUCHSWISSENSCHAFTER START-Preis für Mathematiker am RICAM A Matter of Concentration Mathematik zu begreifen, ist Sache der Konzentration und wie lange man diese aufrechterhalten kann. – Davon ist START-Preisträger Dr. Massimo Fornasier überzeugt. Denn während man eine Beweiskette führt, muss man sich aller vorangegangenen Schritte stets bewusst sein. Mit dieser Überzeugung und der eigenen Begeisterung für sein Fach könnte Fornasier wohl so manchen Mathematik-Muffel bekehren. W as er allerdings nicht unbedingt als seine Aufgabe sieht, denn die Didaktik ist nicht wirklich sein Gebiet, sondern vielmehr die Forschung, und insbesondere die Grundlagenforschung, auf die das RICAM, Johann Radon Institute for Computational and Applied Mathematics der Österreichischen Akademie der Wissenschaften an der JKU, spezialisiert ist. Trotzdem lassen sich die Zur Person Dr. Massimo Fornasier Fornasier, 33, studierte an der Universität Padua und kam danach mit einem Stipendium an die Universität Wien. Seit 2006 arbeitet er am RICAM in der Gruppe „Analysis of Partial Differential Equations“ mit, die er seit 1.1.2009 auch leitet. Den START-Preis erhielt er am 10. November 2008 für das Projekt „Sparse Approximation and Optimization in High Dimensions“. „Junge Wissenschafter stehen heute unter extremem Leistungsdruck.“ Dr. Massimo Fornasier Forschungsbereiche, in denen Fornasier aktiv ist, auch an konkreten Beispielen verdeutlichen: Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Buchhandel und möchten bei Ihren KundInnen direkt eruieren, welche der von Ihnen geführten Bücher für jeden einzelnen Kunden noch interessant sein könnten. Sie können nicht jedem Kunden eine Liste Ihres gesamten Inventars schicken, sondern müssen eine Auswahl treffen. Nun kann man die Parameter, die entscheiden, ob einem Kunden ein Buch gefällt oder nicht, auf ganz wenige minimieren. Und daraus Rückschlüsse auf eine größere Menge ziehen. – Und genau hier ist die Mathematik gefragt, genauer die „Approximation and Optimization in High- er Dimensions“, die Fornasier mit Hilfe des START-Preises weiter vorantreiben wird. Auch für die Medizindiagnostik und die Bereinigung von Bildern, die etwa mit Satellit übertragen werden, sind diese mathematischen Methoden wichtig. taught in a way that almost everyone can understand.” Denn wenn es schließlich darum geht, die eigenen Haushaltsfinanzen im Griff zu haben, so gelingt das den meisten Betroffenen auch ohne höhere mathematische Ausbildung. Falscher Unterricht Zufällige Forscherkarriere Dass viele Leute davon überzeugt sind, Mathematik einfach nicht zu verstehen, liegt laut Fornasier auch daran, wie Mathematik an den Schulen unterrichtet wird: „Certainly the way mathematics is taught, is wrong. It is wrong just to repeat formulas or learn mathematics by memorizing. Mathematics is something you can understand by reasoning, and I believe that mathematics can be Fornasier selbst, aufgewachsen in einer kleinen Stadt in den Dolomiten und in seiner Jugend jedenfalls ein „Naturbursche“, war sich seiner mathematischen Begabungen nicht von Anfang an bewusst. Er entschied sich erst buchstäblich im Moment des Inskribierens an der Universität Padua für diese Studienrichtung. Er hat auch während des Studiums nie ernsthaft daran gedacht, eine Forscher- karriere einzuschlagen, das Bewusstsein dafür, dass es hier durchaus spannende Perspektiven gibt, hat sich erst im Laufe der Jahre entwickelt. Auf das RICAM ist Fornasier während seiner Zeit des MarieCurie-Stipendiums an der Universität Wien gestoßen. Seit 2006 – mit einem einjährigen Zwischenspiel an der Princeton University – ist Fornasier nun am RICAM aktiv und leitet seit 1.Jänner 2009 dort eine Arbeitsgruppe mit derzeit vier, bald sieben MitarbeiterInnen. Kontakt Dr. Massimo Fornasier RICAM, Johann Radon Institute for Computational and Applied Mathematics der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Tel.: 0732 2468-5251 Mail: [email protected] www.ricam.oeaw.ac.at JKU | UNIVATIONEN 1/09 11 SOWI Soziologie breiter aufgestellt Gesellschaftsanalysen und „Wahrheit“ Zur Person Ausgehend von den Schwerpunkten Arbeitsforschung und Geschlechterforschung hat die neu an die JKU berufene Soziologin Univ.Prof. Dr. Brigitte Aulenbacher sich im Laufe ihres wissenschaftlichen Werdegangs der Verbindung von theoretischer Soziologie mit gegenwartsbezogener Gesellschaftsanalyse zugewandt. U nd die Möglichkeit, an der JKU Gesellschaftsanalyse mit integrierter Geschlechterforschung zu betreiben, war für Aulenbacher der große Anreiz, nach Linz zu kommen. Aulenbacher ist Mitbegründerin der International Research Group „Entrepreneurial Universities and Gender Change“, in der WissenschafterInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sich mit dem Wandel von Arbeitsverhältnissen und Wissens- immer schwer haben, im Universitätsbetrieb ganz nach oben zu kommen, sieht Aulenbacher unter anderem darin begründet, dass die Wissenschaft das Konzept der vollkommenen Freistellung für die Arbeit verfolgt, ohne geregelte Arbeitszeiten und mit der Vorstellung, dass Wissenschaft „Berufung“ sei. „Das ist bisher eine Blockade in erster Linie für Frauen gewesen, die auch ein Leben neben der Wissenschaft haben und keinen Partner, der ih- führung in die Theoretische Soziologie, wo Theorie, Geschichte und verschiedene Denkansätze mit Originaltexten und eigenen Texten für die Studierenden aufbereitet werden sollen. Erstmals werden dabei Perspektiven der Geschlechterforschung in eine Einführung in die Theoretische Soziologie integriert und wird systematisch Literatur dazu angeführt. Als Ergebnis dieses Vorhabens wird ein Einführungswerk publiziert werden. Kepler Salon Die Arbeitsverhältnisse von WissenschafterInnen sind im Wandel. produktion befassen. „Zwischen Österreich und Deutschland gibt es im Zuge des europäischen Umbaus der Hochschullandschaft erhebliche Unterschiede betreffend die Arbeitsverhältnisse von WissenschafterInnen, auf der Ebene des Mittelbaus wie der Professuren. Die spannende Frage ist, wie sich das weiterentwickeln wird und wie bisherige Geschlechterverhältnisse davon berührt werden“, sagt Aulenbacher. „Berufung“ Wissenschaft Dass Wissenschafterinnen es noch nen den Rücken freihält. Neueren Studien zufolge scheint sich dieses Konzept gerade etwas zu ändern. Frauen können heute auch andere Modelle realisieren, und Männer denken teilweise um“, sagt Aulenbacher. Wie die Neuorganisation von Wissenschaft hier hineinspielt, wird sie im Rahmen der Forschungsgruppe zum Thema machen. Einführung für Studierende Gemeinsam mit a.Univ.Prof. Dr. Meinrad Ziegler erarbeitet Aulenbacher derzeit auch eine neue Ein- Für Linz09 ist Aulenbacher gemeinsam mit Ziegler, Dr. Ulrich Fuchs, dem stellvertretenden Intendanten von Linz 09, und Silvia Keller, Projektleiterin Kepler Salon, aktiv: ab Juni läuft im Kepler Salon die Reihe „In Wahrheit… Herstellung, Nutzen und Gebrauch von ‚Wahrheit’ in Wissenschaft und Alltag“. „Die Wahrheit als ‚Überthema’ hat uns deswegen gereizt, weil es ein gutes Thema ist, um die Wissenschaft der Öffentlichkeit näher zu bringen“, sagt Aulenbacher. „Denn das, was die Wissenschaft sagt, gilt in der Öffentlichkeit oft unhinterfragt als Wahrheit. Und das ist sicher ein guter Ansatzpunkt für Diskussionen.“ Die Themen der Veranstaltungsreihe reichen von „PISA – Welche Wahrheiten werden mit Forschung hergestellt?“ über „Wahre Bildung oder Bildung als Ware? Erwartungen und Orientierungen von SchülerInnen und StudentInnen“ bis „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht… Wahrheit und Vertrauen im Alltag“. Univ.Prof. Dr. Brigitte Aulenbacher Institut für Soziologie, Abteilung für Theoretische Soziologie und Sozialanalysen Forschungsschwerpunkte: Aulenbacher hat u.a. an den Universitäten Bielefeld, Frankfurt und Göttingen gelehrt und geforscht, bevor sie im September 2008 als Professorin für „Soziologie mit dem Schwerpunkt Soziologische Theorie und Sozialanalyse (unter besonderer Berücksichtigung der Gender-Dimension)“ an die JKU berufen wurde. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen u.a. auf Gesellschaftstheorie, Methodologie und Geschlechterforschung. Kontakt Univ.Prof. Dr. Brigitte Aulenbacher Tel.: 0732 2468-3242 Mail: [email protected] www.soz.jku.at Kepler Salon Die Veranstaltungsreihe „In Wahrheit… Herstellung, Nutzen und Gebrauch von ‚Wahrheit’ in Wissenschaft und Alltag“ im Kepler Salon möchte Einblicke in Umgangsweisen mit Wahrheit in zentralen Lebensbereichen geben, die zwar alltäglich, aber auch komplex sind und sich einfachen Wahrheiten widersetzen: Kunst, Kommunikation, Identität, Bildung. www.kepler-salon.at JKU | UNIVATIONEN 1/09 13 Anzeige isiQiri interface technologies – interaktive Bildschirmsysteme für Gaming und Präsentation Serious Gaming isiQiri entwickelt und vertreibt interaktive Bildschirmsysteme. Die dabei verwendete Q-Foil-Technologie wurde am Institut für Organische Solarzellen der JKU und am Institut für Weiche Materie der JKU entwickelt und wird derzeit von Robert Koeppe ([email protected]), einem Absolventen der JKU im Bereich Physik, im Rahmen von tech2b – dem oberösterreichischen High-Tech-Inkubator – kommerzialisiert. Kontakt DI Dr. Richard Ebner, MBA Mail: [email protected] www.isiqiri.com Infos zum Inkubator www.tech2b.at Alles über Start-ups unter http://www.tech2b.at/blog Q -Foils sind dünne, biegsame, durchsichtige, großflächige, opto-elektronische Bauteile auf Kunststoffbasis. Q-Foils erkennen, wo ein Lichtstrahl auftrifft und verfolgen seinen Weg. Damit können zahlreiche Anwendungen realisiert werden. Mit Q-Foils können beliebige (auch gekrümmte) Flächen (Wände, Klei- dung, Maschinenteile, Papier,…) interaktiv gemacht werden. Das erste Produkt, das auf Q-Foils basiert, ist ein interaktives Bildschirmsystem names Q-Screen. Mit dem Q-Screen sollen VideospielerInnen aus ihren Sesseln geholt werden und frei im Raum stehend mit dem Videospiel interagieren, auch zu zweit oder dritt. Dr. Robert Koeppe DI Dr. Richard Ebner SOWI Maßgeschneiderte Angebote für Jungunternehmen und Kleinbetriebe Weiterbildung – wozu? Zur Person Personalentwicklung und Weiterbildung sind in Großbetrieben ein Muss. Erstmals liegt nun für Klein- und Jungunternehmen in Österreich eine Studie vor, die diesbezügliche Hindernisse und Bedarfe aufzeigt. Praxisinstrumente, Firmenbeispiele und Weiterbildungsmaßnahmen sollen nun LeiterInnen von Klein- und Mittelbetrieben unterstützen. Univ.Prof. Dr. Norbert Kailer Zum Thema Weiterbildung und Personalentwicklung wurden vom Institut für Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung der JKU 171 Jungunternehmen sowie Kleinbetriebe mit weniger als 50 MitarbeiterInnen persönlich befragt. 94 % schätzen die Entwicklung der Kompetenzen der Unternehmensangehörigen als (sehr) wichtig ein. Allerdings stellen gerade in kleineren Betrieben die Arbeitsbelastung der MitarbeiterInnen und die fehlende Möglichkeit zur Stellvertretung von WeiterbildungsteilnehmerInnen erhebliche Probleme dar. Was gebraucht wird Deshalb würden sich Kleinbetriebe für Weiterbildungsmaßnahmen vor allem folgende Unterstützung wünschen: finanzielle Förderung Trainingsmaterialien Unterstützung bei der Bedarfserhebung, bei der Auswahl und Qualitätssicherung betreffend Weiterbildungsmaßnahmen Erfahrungsaustausch und Netzwerke Bereitstellung von Unternehmensbeispielen Die wichtigsten Ziele bei der Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen sind die Erhöhung der KundInnenorientierung der MitarbeiterInnen, eine Förderung der Verkaufskompetenz und Verbesserungen im sozio-kommunikativen Bereich, also etwa Teamtraining, Führung von MitarbeiterInnen und Persönlichkeitsentwicklung. Bei der Weiterbildung setzen Kleinbetriebe am häufigsten kostengünstige, informelle Lernformen wie Messebesuche oder Lernen aus KundInnenfeedback ein. Maßgeschneiderte Info „An Hand dieser in der Umfrage erhobenen Daten werden gemeinsam mit der Jungunternehmer- akademie des WIFI OÖ für diese Betriebsgröße maßgeschneiderte Weiterbildungsinstrumente zur Planung, Umsetzung und Durchführung von Weiterbildung in Kleinbetrieben entwickelt“, sagt Univ. Prof. Dr. Norbert Kailer, Vorstand des Instituts für Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung. 17 Veranstaltungen mit 1.331 TeilnehmerInnen sowie zwei TrainerInnenworkshops wurden vom Institut in Zusammenarbeit mit der WIFI-Jungunternehmer-Akademie unter der Leitung von Dr. Sabine Wolfsteiner inzwischen durchgeführt . 17 auf die Bedürfnisse der Kleinbetriebe abgestimmte Personalentwicklungs- und Kompetenzentwicklungsinstrumente mit praktischen Checklisten wurden bisher vom Projektteam erstellt. Die praktische Umsetzung wird durch 31 good practice-Beispiele von Unternehmen aus Ober- und Niederösterreich, Niederbayern und Wien unterstützt. Institut für Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung, IUG Forschungsschwerpunkte: Die Forschungsschwerpunkte von Kailer liegen auf Entrepreneurship Education, Entwicklung von Kleinund Mittelbetrieben, Gründungsund Wachstumsmanagement und betrieblicher Kompetenzentwicklung. Im von der Europäischen Kommission im Dezember 2008 veröffentlichten „Survey of Entrepreneurship in Higher Education in Europe“ wurde die JKU als eine von insgesamt nur 39 Hochschulen europaweit als case of good practice der Entrepreneurship Education aufgenommen. Kontakt Univ.Prof. Dr. Norbert Kailer Tel.: 0732 2468-1720 Mail: [email protected] www.iug.jku.at Projekt Das Projekt „Betriebliche Kompetenzentwicklung für Klein- und Jungunternehmer“ wird seit 2006 von der WIFI-Unternehmer-Akademie der Wirtschaftskammer OÖ und dem IUG der JKU durchgeführt und wird durch die EU und das Land OÖ gefördert. www.ooe.wifi.at/uak www.iug.jku.at www.netzwerk-hr.at Weiterbildung in Kleinunternehmen soll vor allem die KundInnenorientierung erhöhen. JKU | UNIVATIONEN 1/09 15 RE Zur Person Tücken des Steuerrechts für UnternehmerInnen Steuerbetrug minimieren Das Steuersystem in Österreich hat Schwächen, die von BetrügerInnen laufend genützt werden, um sich finanzielle Vorteile zu schaffen. Dabei werden auch unbeteiligte Dritte in den Steuerbetrug hineingezogen. Eine Systemreform wäre deshalb nötig, möglich und sinnvoll. Univ.Prof. Dr. Markus Achatz Institut für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik Forschungsschwerpunkte Achatz war seit 2000 Vorstand des Instituts für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre an der JKU und ist jetzt Vorstand des neu geschaffenen Instituts für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik. Seit 1992 ist er auch als Steuerberater (Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Leitner + Leitner in Linz) tätig. „Auch alternative Steuersysteme wären nicht frei von Betrugsanfälligkeit.“ Univ.Prof. Dr. Markus Achatz D ie jüngsten Forschungsarbeiten von Univ.Prof. Dr. Markus Achatz, Vorstand des Instituts für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik, konzentrieren sich auf aktuelle gemeinschaftsrechtliche Entwicklungen bei der Umsatzbesteuerung des internationalen Warenverkehrs. Steuerbetrug Die Binnenmarktregelung ist für Unternehmen mit hohen Kosten verbunden und zugleich extrem missbrauchsanfällig. SteuerbetrügerInnen nutzen die Systemschwächen im großen Stil: Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wird von den BetrügerInnen nicht abgeführt, die AbnehmerInnen in der Unternehmerkette machen den Steuerbetrag als Vorsteuer geltend. Über Scheinfirmen, gefälschte Dokumentationen und internationale Warenströme, in die auch steuerehrliche Unternehmen zu Tarnzwecken eingebunden werden, versuchen die TäterInnen, die Spuren zu verwischen. Man geht davon aus, dass rund 15 % des europaweiten Umsatzsteueraufkommens durch Steuerbetrug und damit mehr als 100 Milliarden Euro hinterzogen werden. Steuerliche Risiken Kontakt Univ.Prof. Dr. Markus Achatz Tel.: 0732 2468-8490 Mail: [email protected] www.steuerrecht.jku.at 16 JKU | UNIVATIONEN 1/09 Vor diesem Hintergrund stellen sich für die Forschung zwei Fragen: Welchen steuerlichen Risiken sind gutgläubige AbnehmerInnen ausgesetzt? Und: Wie könnte eine Systemreform aussehen? Was die steuerlichen Risiken betrifft, versagt die Finanzverwaltung 100 Milliarden Euro Umsatzsteuer werden europaweit jährlich hinterzogen. etwa den Vorsteuerabzug bei Vorliegen einer mangelhaften Rechnung, beispielsweise bei Vorliegen einer Scheinadresse. Der EuGH hat allerdings klargestellt, dass die systembedingten Risiken des geltenden Umsatzsteuerrechts nicht einseitig den steuerehrlichen UnternehmerInnen angelastet werden dürfen. Vielmehr besteht für jene UnternehmerInnen Vertrauensschutz, die alle zumutbaren Maßnahmen gesetzt haben, um zu verhindern, dass ihr Umsatz in einen Steuerbetrug einbezogen wird. Offen ist, welche Pflichten im Einzelfall zu erfüllen sind. Hier gilt es, praktisch umsetzbare Leitlinien zu entwickeln, die die geforderten Pflichten nicht überspannen. Systemreform Was eine Systemreform betrifft, wäre denkbar, dass die Steuer für den Umsatz in der Unternehmerkette von den AbnehmerInnen selbst berechnet und abgeführt wird. Ein solcher Übergang der Steuerschuld auf die AbnehmerInnen (so genannte „reverse charge“) vermeidet das Risiko der Nichtabfuhr durch die LieferantInnen. Die Forschungsarbeiten zeigen, dass auch ein solches neues System nicht frei von Betrugsanfälligkeit ist. Hier geht es darum, die Vor- und die Nachteile alternativer Systeme quantitativ und qualitativ zu untersuchen. Neue Professoren Mit 2.1.2009 haben Univ.Prof. Dr. Tina Ehrke-Rabel und Univ.Prof. DDr. Georg Kofler ihren Dienst als halbbeschäftigte VertragsprofessorInnen angetreten. Damit wird der im Entwicklungsplan der JKU vorgesehene Aufbauschwerpunkt Steuerrecht weiter gestärkt. Ehrke-Rabel ist Expertin im Europäischen Verfahrensrecht und Kofler ist international anerkannt für seine Forschungen im Bereich des direkten Steuerrechts. TNF Dem grippalen Infekt auf der Spur Zur Person Schnupfen an der Leine Im Winter hat der grippale Infekt Hochsaison. Aufgrund der Kälte werden Gebäude schlechter durchlüftet, deswegen haben es Schnupfenviren leichter, Menschen zu infizieren. BiophysikerInnen der JKU haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem sie den ersten Schritt des Angriffs der Viren auf unsere Zellen genauer untersuchen können. D afür entwickelte Dr. Christian Rankl für seine Doktorarbeit am Institut für Biophysik, gemeinsam mit Projektleiter a.Univ.Prof. Dr. Peter Hinterdorfer und dem Virusexperten Prof. Dr. Dieter Blass vom Biozentrum Wien eine Methode, um einzelne Virenpartikel an einen feinen Kraftsensor zu binden. Mithilfe solch präparierter Sensoren werden die Kräfte gemessen, die benötigt werden, um Viren von einer attackierten Zelle zu lösen. Aus diesen Messungen lassen sich Rückschlüsse auf die Wechselwirkung eines Virus mit einer menschlichen Zelle schließen. Schnupfenviren, um Menschen zu infizieren. Die Viren binden an die gleichen Rezeptoren wie das zuvor genannte Lipid Partikel, und werden deswegen über denselben Mechanismus in die Zelle hinein transportiert. Schnupfenviren attackieren fast ausschließlich Zellen der Nasenschleimhäute. Ist das Virus in eine Zelle eingedrungen, benutzt es ihre Zellvermehrungsmaschinerie um sich zu vermehren. Als Gegenreaktion auf eine Infektion wird die Schleimhaut durchlässiger und sie beginnt anzuschwellen. Dies führt zu den Symptomen eines Schnupfens. Diese neu entwickelte Methode kann man mit dem Fischen vergleichen, wo ein Köder an eine Leine gebunden wird, um einen Fisch zu fangen. Bei diesem Verfahren wird eine ungleiche kleinere Rute verwendet. Als Leine dient ein spezielles Polymer, an welchem ein Schnupfenvirus angehängt ist. Dieser „Köder“ wird in Zellkontakt gebracht, dabei bindet das Virus an einem spezifischen Rezeptor. Dann wird diese Bindung wieder gelöst und gleichzeitig der benötigte Kraftaufwand gemessen, um das Virus wieder von der Zelle zu separieren. Bindung an Rezeptoren Transport der Viren Für eine Infektion mit Schnupfenviren muss das Virus in menschliche Zellen gelangen. Es missbraucht hierfür lebensnotwendige Vorgänge im menschlichen Körper, wie die Aufnahme von Lipid Partikeln. Bei einer Aufnahme von Lipid Partikeln binden diese Partikel an bestimmte Rezeptoren und werden anschließend in die Zelle transportiert. Genau diesen Mechanismus nutzen Der erste Schritt des Bindens eines Viruspartikels an Rezeptoren ist somit der elementare Schritt für eine Infektion. Über das genaue Verhalten der Rezeptoren ist wenig bekannt. Deshalb wurde am Institut für Biophysik in Zusammenarbeit mit dem Max F. Perutz Labor der Medizinischen Universität in Wien eine Methode entwickelt, um diesen für die Infektion sehr wichtigen Schritt besser zu charakterisieren. Beteiligte Rezeptoren Mithilfe solcher Experimente kann man das Verhalten der Rezeptoren ergründen. Je höher die benötigte Kraft, desto mehr Rezeptoren sind an der Bindung beteiligt. Durch zeitabhängige Experimente wurde gezeigt, dass mehrere Rezeptoren an der Bindung beteiligt sind. Dieses „Rekrutieren“ von Rezeptoren ist notwendig, um den Transportmechanismus zu starten. a.Univ.Prof. Dr. Peter Hinterdorfer Institut für Biophysik Dr. Christian Rankl Institut für Biophysik Forschungsschwerpunkte: Hinterdorfer ist Leiter der Rasterkraftmikroskopie-Gruppe am Institut für Biophysik. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der molekularen Kraftspektroskopie und Mikroskopie an Proteinen, Viren, Membranen und Zellen. Christian Rankl hat seine Doktorarbeit am Institut für Biophysik gemacht. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der molekularen Erkennungskraftmikroskopie von einzelnen Proteinen und Viren. Kontakt a.Univ.Prof. Dr. Peter Hinterdorfer Tel.: 0732 2468-9265 Mail: [email protected] www.biophysics.jku.at Dr. Christian Rankl Tel.: 0732 2468-1529 Mail: [email protected] www.biophysics.jku.at Publikation Das linke Bild zeigt eine schematische Darstellung der Messanordnung. Das Virus wurde an eine ganz feine Nadel gebunden und diese über einer Zelle positioniert. In der Mitte wird ein typischer Kraftverlauf, um ein gebundenes Virus von der Zelle zu entfernen, gezeigt. Die Pfeile markieren Ereignisse, an denen jeweils ein Rezeptor vom Virus getrennt wird. Im rechten Bild ist die Verteilung der zum Virusentfernen benötigten Kräfte gezeigt. Man kann deutlich zwei Kraftpopulationen erkennen, welche dem Abreißen eines Rezeptors bzw. zweier Rezeptoren entspricht. Die von den ForscherInnen des Instituts für Biophysik entwickelte Methode wurde im journal „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ in der Ausgabe vom 18. November veröffentlicht. JKU | UNIVATIONEN 1/09 17 TNF Physikalisches Forschungsnetzwerk geht in Verlängerung Erfolg mit „Functionalised Organic Films“ Als eines der drei besten Netzwerke in Europa im Fachgebiet der organischen Elektronik wurde das Forschungsnetzwerk „Functionalised Organic Films“, das von a.Univ.Prof. Dr. Helmut Sitter vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der JKU geleitet wird, von den GutachterInnen des FWF bewertet. Das Forschungsnetzwerk wird vom FWF nun für weitere drei Jahre gefördert. S eit 2007 beschäftigen sich zehn Projektgruppen – davon vier an der JKU - innerhalb dieses Nationalen Forschungsnetzwerks mit Grundlagenforschung auf dem Gebiet der organischen Elektronik und insbesondere mit organischen dünnen Filmen. „Wir möchten hier weitere organische Strukturen entwickeln und Prototypen aus diesen Bauelementen im Detail unter- 18 JKU | UNIVATIONEN 1/09 suchen“, sagt Sitter, der die Projektgruppen koordiniert und immer wieder auch neue Verknüpfungspunkte zwischen den einzelnen, weit gestreuten Themenbereichen aufzeigt: neben PhysikerInnen, ChemikerInnen und InformatikerInnen der JKU sind die TU Graz, die Universität Graz und die Montanuniversität Leoben am Netzwerk beteiligt. „Es hat hier schon vor dem Netzwerk Kooperationen gegeben, die dann um Chemie, Theorie und Schaltungstechnik erweitert wurden. Anfänglich wurde diese breite Aufstellung mit Skepsis gesehen, aber genau das wurde nun auch als extrem positiv bewertet“, sagt Sitter. Neue Materialien Die organische Elektronik ist für die Entwicklung neuer Materialien deshalb so wichtig, weil diese Produkte dünn, leicht und flexibel sind und kostengünstig hergestellt werden können. Sie sind auch sehr klein und können im Nano-Maßstab produziert werden, was neue Anwendungsfelder erschließt, die auch ohne kostspielige Hochtechnologie verwirklicht werden können. TNF Sensoren aus der Mikroelektronik für Lebensmittelindustrie Mayonnaise erster Güte Zur Person Die Qualität komplexer Flüssigkeiten wie etwa Mayonnaise muss während der Produktion durch regelmäßige Probenentnahme und Analyse kontrolliert werden. An der JKU wurde nun ein Sensorkonzept entwickelt, mit dem Zähigkeit und Dichte der Flüssigkeit laufend überprüft und optimiert werden können. DI Erwin K. Reichel D ie Viskosität einer Flüssigkeit beschreibt die Widerstandskraft, die der Bewegung einer Flüssigkeit entgegenwirkt. Je höher die Viskosität ist, desto zäher erscheint die Flüssigkeit. Wasser, niedere Alkohole und Schmieröle für hochtourige Anlagen weisen eine geringe Viskosität auf, Glyzerin oder Honig sind typische Beispiele für hochviskose Flüssigkeiten. Gemische, etwa SchmierKühl-Emulsionen, partikelhältige Flüssigkeiten und polymerhältige Materialien weisen komplexere Fließeigenschaften auf, wobei dann nicht immer eindeutig zwischen Flüssigkeit und plastischen Festkörpern unterschieden werden kann – Joghurt oder Mayonnaise sind bekannte Beispiele dafür. Neues Sensorkonzept Um auch für diese komplexeren Materialien die Viskosität direkt in Prozessen oder mit handlichen Messgeräten bestimmen zu können, wurde am Institut für Mikroelektronik und Mikrosensorik der JKU gemeinsam mit dem Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien ein Sensorkonzept entwickelt, das Schwingungen in das Material einbringt und gleichzeitig imstande ist, die durch die Viskosität beeinflusste Rückwirkung zu messen. Zwei gegenüberliegende Wände eines (potenziell durchströmten) Flüssigkeitsbehälters werden mittels elektromagnetischer Kräfte in Schwingung versetzt und dienen gleichzeitig zur Messung des Schwingverhaltens. Dichte und Zähigkeit Besonders empfindlich kann der Sensor bei Schwingungsfrequenzen betrieben werden, in denen sich die Struktur in mechanischer Resonanz befindet. Das Resonanzverhalten wird analysiert und mit mathematischen Modellen Foto und schematische Darstellung der Sensorzelle conductive parts die Eigenschaften der Flüssigkeit, nämlich die Dichte und die Viskosität, bestimmt. Dieses neuartige Sensorkonzept ist leicht realisierbar – etwa in Polymer- oder Siliziumtechnologie -, was eine kostengünstige Produktion in großen Stückzahlen erleichtert. inlet and outlet sample liquid vibrating area Forschungsschwerpunkte: Die Forschungsschwerpunkte von Reichel liegen auf dem Design und der mathematischen Modellierung von schwingenden Sensor-Strukturen in Flüssigkeiten. Anwendungsbereiche Im Rahmen eines PRIZE Förderungsprojektes werden nun Prototypen entwickelt, an denen der Einsatzbereich sowie die erreichbaren Genauigkeiten erprobt werden können. Das Feld der potenziellen Anwendungen reicht von der Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Schmierstoffen, Treibstoffen, Farben und Lacken, sowie Lebensmitteln, über Condition-Monitoring in Kühl- und Schmierkreisläufen bis zu integrierten Prozesssteuerungen, etwa in industriellen Tintenstrahldruckern. Auch die Anwendung in der medizinischen Diagnostik ist vorstellbar. Die Erkenntnisse aus diesem Forschungsgebiet können auch einen Beitrag zu den Materialwissenschaften liefer n, indem Polymerisations- oder Kristallisationsprozesse mit minimaler Rückwirkung verfolgt werden. Lorentz forces magnetic field Institut für Mikroelektronik und Mikrosensorik Zwei Membranen begrenzen das Messvolumen. Durch die lithographisch strukturierten Leiterbahnen werden Schwingungen erzeugt, die mittels der induzierten Spannung gemessen werden. Kontakt DI Erwin K. Reichel Tel.: 0732 2468-9302 Mail: [email protected] www.ime.jku.at Viskosität Besteht ein Medium aus mehreren Komponenten, z.B. ein Öl-Wasser-Gemisch, oder enthält eine Flüssigkeit Partikel, z.B. Farbpigmente oder Zellen, ist die Viskosität abhängig von der Verformungsgeschwindigkeit. Grund dafür ist die vergleichsweise lange Zeit, in der mechanische Spannungen in Wärme umgesetzt werden. Sensoren für diese Flüssigkeiten müssen diese speziellen Materialeigenschaften berücksichtigen und in einem geeigneten Frequenzbereich betrieben werden. JKU | UNIVATIONEN 1/09 19 JKU AKTUELL TNF Talentförderungsprämie an DI Andreas Riener TNF Prof. Sariciftci – Österreicher des Jahres 2008 Z um „Österreicher des Jahres 2008” in der Kategorie Forschung wurde o.Univ.Prof. Dr. Serdar Sariciftci, Institut für Physikalische Chemie und Linzer Institut für Organische Solarzellen, gewählt. Die Auszeichnung wird jährlich von der „Presse“ im Vorfeld des Nationalfeiertags im Rahmen einer feierlichen Gala vorgenommen. Sariciftci sieht die Ehrung als „Aus- Univ.Prof. Dr. Werner Retschitzegger (li.) und Priv.Doz. Dr. Wieland Schwinger Prof. Sariciftci (Mitte), Dr. Klaus Pseiner und Dr. Henrietta Egerth (Forschungsförderungsgesellschaft) zeichnung für unser gesamtes Forschungsgebiet der Solarenergie“. Johannes Kepler Universität Überreichung der Talentförderungsprämie durch LH Pühringer JKU goes gender A m 17. November 2008 bekam DI Andreas Riener, Assistent am Institut für Pervasive Computing, von Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer die Talentförderungsprämie für Wissenschaft verliehen. Riener, 32, hat an der JKU Informatik studiert und absolviert derzeit neben seiner wissenschaftlichen Mitarbeit am Institut für Pervasive Computing das Doktorat der Technischen Wissenschaften. Die Prämie wurde ihm für die hohe wissenschaftliche Qualität seiner Leistungen und das erfolgreiche Streben nach Umsetzung in der Praxis zuerkannt. Foto, v.l.n.r.: Mag. Dr. Franz Wurm, Vizerektor für Finanz- und Ressourcenmanagement, Dr. Margit Waid, Leiterin der Stabsabteilung für Gleichstellungspolitik, Dr. Veronika Wittmann, Mag. Bettina Gradl, Mag. Karin Dietachmayr, Dr. Isabella Derler Z um vierten Mal hat die JKU am 14. Jänner 2009 ihre JKU goes genderPreise und -Stipendien verliehen. Mag. Bettina Gradl, Mag. Karin Dietachmayr und Mag. Elisabeth Winter erhielten für ihre Diplomarbeiten mit Genderbezug Preise in Höhe von je 1.000- Euro, Dr. Isabella Derler und Dr. Veronika Wittmann erhielten jeweils ein Habilitationsstipendium. Mit den JKU goes gender-Preisen und –Stipendien fördert die JKU den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs. Österreichische Post AG. Info.Mail Entgelt bezahlt – Bei Adressänderung bitte um Mitteilung an: [email protected] 20 JKU | UNIVATIONEN 1/09 TNF Drei neue InformatikProjekte D rei Projekte mit einer Gesamtfördersumme von einer Million Euro haben Univ.Prof. Dr. Werner Retschitzegger (zur Zeit Gastprofessor für Workflow-Technologien an der Universität Wien) und Priv.Doz. Dr. Wieland Schwinger vom Institut für Telekooperation erfolgreich eingereicht: Zwei der Projekte werden vom FFG über die Programmschiene FIT-IT Semantic Systems gefördert, beim dritten handelt es sich um ein FWF-Projekt. Beim FIT-IT-Call wurden insgesamt 19 Anträge eingereicht, von denen nur vier für eine Förderung vorgeschlagen wurden, - zwei davon von Retschitzegger und Schwinger. TNF Drei Preise beim Rencon-Wettbewerb D rei Hauptpreise hat das Team um Univ.Prof. Dr. Gerhard Widmer, Institut für Computational Perception, beim jährlichen „ComputerMusik-Interpretationswettbewerb“ Rencon in Sapporo, Japan, im September 2008 errungen: den Rencon Award, den Rencon Technical Award und den Rencon Performance Rendering Contest. Bei diesem wissenschaftlichen Wettbewerb geht es darum, intelligente Computerprogramme zu entwickeln, die Musik mit „Ausdruck“ interpretieren können. Dies geschieht durch Variieren des Tempos und der Lautstärke.